Ehrenpreis – Artur Brauner

Preisträger des Carl Laemmle Ehrenpreises
Artur Brauner

* 1. August 1918 in Łódź; † 7. Juli 2019 in Berlin

 

Artur Brauner gehörte zu jenen deutschen Filmproduzenten, die über 60 Jahre deutsche Filmgeschichte mitbestimmt haben. Er war das Symbol für den deutschen Unterhaltungsfilm der 50er und 60er Jahre und war zugleich Produzent einiger der wichtigsten westdeutschen Produktionen zur jüngsten deutschen Geschichte.

 

1918 als Sohn eines Holzgroßhändlers in Lodz geboren, machte er dort sein Abitur. Danach studierte er am Polytechnikum bis zum deutschen Überfall auf Polen. Mit seinen Eltern und vier Geschwistern flüchtete er in die Sowjetunion, wo er unerkannt überlebte. Er hatte 49 jüdische Verwandte durch die Nazis verloren, seine Eltern und drei seiner vier Geschwister wanderten nach Israel aus.

 

Schon vor dem Krieg ist Artur Brauner ein großer Filmfan, der nach dem Krieg die Gelegenheit nutzt. Nach vorübergehenden Plänen, in die USA auszuwandern, beantragt er und erhält eine Lizenz und gründet am 16. September 1946 die Berliner CCC (Central Cinema Company) Film Gesellschaft mbH. Einer seiner ersten Filme der neuen Produktionsfirma wird MORITURI (1948) in der Regie von Eugen York mit Hilde Körber und Winnie Markus. Er setzt sich mit jüngster deutscher Geschichte auseinander und verarbeitet eigene Erlebnisse. Der Film wird jedoch ein kommerzieller Misserfolg.

 

1949 erwirbt der Produzent im Norden von Berlin ein 35.000 qm großes Gelände einer ehemaligen Giftgasfabrik. In Spandau-Haselhorst baut er seine Filmstudios auf. In den folgenden Jahren setzte Brauner deshalb mehr auf Unterhaltungsfilme, die meist dem Publikumsgeschmack entsprachen. Große Erfolge konnte er in den 50er und 60er Jahren mit den Dr. Mabuse-Produktionen und Filmen nach Bryan Edgar Wallace und Karl May verzeichnen. In dieser Zeit gehört das CCC-Atelier zu den besten europäischen Standorten, in denen bis heute über 700 Filme produziert worden sind. Etwa 200 der Filme sind Eigenproduktionen der CCC. Die ersten Dreharbeiten in neu errichteten Studio finden für MAHARADSCHA WIDER WILLEN (1950) mit Olga Tschechowa statt.

In den CCC-Studios drehen junge deutsche Filmstars wie Romy Schneider in MÄDCHEN IN UNIFORM (1958). Auch den letzten Film von Romy Schneider DIE SPAZIERGÄNGERIN VON SANC SOUCI (1991) mit Michel Piccoli produziert Artur Brauner. Dazwischen liegen zahlreiche Kommerzfilme, mit denen Artur Brauer Millionen von Zuschauern in die Kinos lockt. Filmstar wie O. W. Fischer, Maria Schell, Sonja Ziemann oder Gert Fröbe gehen in den Studios ein und aus.

 

Artur Brauner setzt sein Kapital, welches er mit dem Unterhaltungskino verdient, in Filmprojekte ein, die ihm aufgrund seiner persönlichen Geschichte stark am Herzen liegen. Er produziert u. a. DIE WEIßE ROSE (1982) unter der Regie von Michael Verhoeven mit Lena Stolze als Sophie Scholl. Sein HITLERJUNGE SALOMON (1990) mit Marco Hofschneider und Julie Delpy in den Hauptrollen gewinnt den Golden Globe und erhält eine Oscar-Nominierung für das beste Drehbuch. Für den Oscar als bester nicht-englischsprachiger Film darf HITLERJUNGE SALOMON nicht ins Rennen gehen, weil ihn die deutsche Auswahlkommission nicht nominiert. Dabei gilt der Golden Globe als sicherer Gradmesser für einen Oscar-Gewinn. HANUSSEN (1988) steht genauso auf seiner Produktionsliste wie BABIJ JAR (2003), ein Film über das Massaker an etwa 33.000 Juden bei Kiew. Seine Produktion „Der letzte Zug” (2006) unter der Regie von Joseph Vilsmaier und Dana Vávrová handelt von einer kleinen Gruppe Juden, die in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs in einem Viehwaggon eines „Sonderzugs“ zusammengepfercht und wie tausende andere jüdische Menschen von Berlin Grunewald nach Auschwitz verschleppt werden. Es folgten die Produktionen WUNDERKINDER (2011) und AUF DAS LEBEN! (2014), die größtenteils von seiner Tochter, Alice Brauner, produziert wurden.

 

Im September 2016 feierte die CCC Film ihr 70-jähriges Bestehen und ist damit das älteste, noch aktive produzierende, unabhängige Filmunternehmen Deutschlands.

Artur Brauner mit dem „Laemmle“ (Foto: privat)

Artur Brauner hat mehr als 250 Filme produziert. Er ist prominentes Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Berlin und Träger des Bundesverdienstkreuzes. 2003 erhält Artur Brauner auf der Berlinale die Berliner Kamera, eine Auszeichnung für das Lebenswerk von Filmpersönlichkeiten. Er hat zahlreiche Preise erhalten, darunter zwei Golden Globes. Als Co-Produzent erhält er einen Oscar für die deutsch-italienische Produktion DER GARTEN DER FINZI CONTINI (1970).

Im August 2017 starb seine Ehefrau Maria, mit der er seit 1946 verheiratet gewesen war, mit 90 Jahren. Bis zu seinem Tod am 7. Juli 2019 lebte und arbeitete er in Berlin.